Im letzten Monat erschien die viel besprochene Studie von Prof. Dr. Lutz Frühbrodt von der Hochschule Würzburg-Schweinfurt (Studie). Herausgeber ist die in Frankfurt ansässige Otto Brenner Stiftung. Unsere Lawinenstift Content-Experten-Crew hat sich die Unterlagen einmal genauer angeschaut.
Diese Studie ist, einerseits erfreulicherweise eine echte State of the Art Analyse des Content-Marketing in Deutschland, anderseits ein echtes Ärgernis, weil sie Kausalzusammenhänge konstruiert, die einfach hanebüchen sind.
Fangen wir doch zunächst mit etwas Positiven aus der Studie an:
Gute Nachrichten für Content Operatoren
Die Studie zeigt im ersten Teil auf, ob und wie, alle 30 DAX-Unternehmen Content Marketing für ihre Unternehmensstrategie nutzen. Und das ist für Content Marketier und Content Operatoren eine erfreuliche Bilanz. Denn alle nutzen (wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungen) Content-Marketing und wollen es in Zukunft auch weiter ausbauen. Nicht nur die 30 Dax Konzerne sind mit dabei, sondern der Trend schwappte auch schon längst zu den KMUs (Klein- und Mittelständischen Unternehmen) über. Laut der Studie sind sich die Unternehmen einig und setzen voll auf das Zugpferd Content-Marketing und spielen ihre Inhalte über alle bekannten sozial Media Kanäle aus, um ihre Kunden und Zielgruppen zu erreichen. Weiterhin wird ausführlich erklärt was Content-Marketing überhaupt ist und wie es vermehrt eingesetzt wird und hier lässt die Studie auch kaum Content Wünsche offen.
Content-Marketing ist die Antwort
Content-Marketing versteht sich als Antwort auf die Frage: „Was passiert wenn keiner mehr Werbung sehen will?“
Wie erreiche ich als Unternehmen meine Kunden und Zielgruppen auf digitalem Wege, wenn diese sich z.B. durch Adblocker von einer Begegnung mit klassischer Werbung ausschließen?
Content-Marketing stellt hier laut der Studie die glaubwürdige Alternative dar. So werden Inhalte produziert, die einen Mehrwert für den Kunden haben. Diese Inhalte sind informativ, beratend und unterhaltend, je nachdem welcher Social Media Kanal angespielt wird. Zusammengefasst könnte man sagen. Content-Marketing stellt nicht das einzelne Produkt in den Vordergrund, sondern inszeniert vor allem das Umfeld in dem sich das Produkt befindet.
„Don´t talk about products, talk around products“ lautet hier der Grundsatz.
Vom klassischen Journalist zum Content Operator
Zudem zeigt die Studie auf, wie sich das Content-Marketing in Deutschland immer mehr professionalisiert und wie dies auch mit Hilfe von Content Marketiern, die eine klassische journalistische Ausbildung genossen haben, geschieht.
Dank dieser Ausbildung ist es für die Quereinsteiger-Journalisten oft ein leichtes, die gesteckten Ziele der Unternehmen im Content Marketing umzusetzen. Sowohl Recherche und Kuration von Inhalten, als auch das Verfassen von Texten, oder das professionelle Arbeiten in Redaktionen und Newsrooms sind nützliche Voraussetzungen für einen guten Content Operator. Frühbrodt stellt auch fest, dass vielen Journalisten der Schritt zum Content-Marketing als sogenannte „Unternehmensjournalisten“ leicht fällt und benennt hierfür auch knallhart die Gründe: Es ist schlicht weg der schnöde Mammon der die Journalisten dazu zwingt aus Ihren prekären Arbeitsbedingungen als Journalist auszusteigen und sich nach einem Aufgabenfeld umsehen, in dem Sie anständig für Ihre Arbeit bezahlt werden.
Starke Analyse – schwaches Resümee
Bis dahin kann die Studie vor allem mit einer starken Analyse, sowohl des Content-Marketings in Deutschland, als auch der Arbeitsbedingungen für klassische Journalisten aufwarten. Ab dann wird es allerdings sehr krude und ärgerlich.
In dem folgenden Teil der Studie dem Content-Marketing den Vorwurf zu machen, weil es bessere Arbeitsbedingungen anböte sei es Schuld am Niedergang des klassischen Journalismus, ist ähnlich absurd, wie zu behaupten, die BRD sei Schuld am Mauerbau, da die in der DDR ausgebildeten Fachkräfte alle in die BRD ausgewandert seien.
Wenn Frühbrodt die Funktion des Journalismus als vierte Gewalt und als demokratisches Wertschöpfung in Gefahr sieht, so hat er damit vielleicht sogar recht.
Die Verantwortung dafür aber dem Content-Marketing in die Schuhe zu schieben, ist reichlich vermessen und kann in der Studie durch verifizierbare Zahlen auch nicht belegt werden. So fehlen z.B. komplett Zahlen dazu, wieviele Journalisten denn überhaupt die „Seiten“ gewechselt haben sollen. Völlig aus acht gelassen wird, dass sich ja auch noch viele andere Berufsfelder im Content-Marketing tummeln. Regisseure und Sounddesigner gehören ebenso dazu wie der klassische Werbetexter oder Journalist. Wenn sich Unternehmen nicht an geltende Gesetzte halten wie z.B. dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb hier dann sollte das natürlich auch von Journalisten aufgedeckte werden, die gut ausgebildet sind und sich den Grundsätzen des Journalismus verpflichtet fühlen und für Ihre Arbeit angemessen bezahlt werden. Es sollte aber auch das Recht eines jeden Unternehmens sein, sich im Sinne der Meinungsfreiheit in einem Umfeld darzustellen, dass sie sich selbst ausgesucht haben. Content-Markenter helfen dabei und greifen auf Erlerntes zurück und das umfasst viele Gebiete, sei es als Texter Musiker oder Regisseur, denn das bewegt Bild oder die Sound-Collage sind genauso wie ein für das Internet optimierter Text, fester Bestandteil einer Content Strategie.
Fazit
Content-Marketing tötet also nicht den Journalismus, sondern profitiert höchstes von dem hohen Ausbildungsstandard der Journalisten, die sich entschließen nun ihr Glück bei Unternehmen oder Content-Agenturen zu suchen. Damit dies auch weithin so bleibt sollte man nicht Provokations-Keule rausholen, sondern sich dafür einsetzen dass das Berufsfeld des Journalisten gestärkt wird, profitieren werden wir letztendlich alle davon.